Wie sieht das Handy der Zukunft aus? Werden wir in einigen Jahren überhaupt noch Apps verwenden? Carl Pei, Gründer der Smartphone-Marke Nothing und Mitgründer von OnePlus, hat eine klare Vorstellung.
Künstliche Intelligenz soll das Nutzererlebnis komplett verändern – indem sie Entscheidungen abnimmt und die Bedienung automatisiert. In einem Interview mit dem Technikmagazin Wired spricht Pei über seine Vision und wagt einen Ausblick auf die kommenden zehn Jahre.
Das Ende der App-Ära
Carl Pei glaubt, dass wir in Zukunft keine klassische App-Oberfläche mehr benötigen. Seiner Einschätzung nach wird es auf dem Smartphone nur noch eine einzige zentrale Anwendung geben – das Betriebssystem selbst. Dieses soll sich nicht wie bisher auf manuelle Bedienung stützen, sondern proaktiv handeln. „Ich denke, dass es am Ende nur noch das Betriebssystem geben wird“, erklärt Pei. „Dieses System wird genau wissen, wer die Nutzerin oder der Nutzer ist, und sich entsprechend anpassen.“

Carl Pei sieht die Zukunft des Smartphones ohne Apps – mit einer KI im Zentrum.
Laut Pei soll das zukünftige Betriebssystem mehr als nur eine technische Plattform sein. Es wird laut seiner Einschätzung eng mit einer KI zusammenarbeiten, die die Gewohnheiten und Vorlieben des Nutzers kennt. Die Software soll erkennen, in welcher Situation sich jemand befindet, wo er gerade ist und welche Termine anstehen. Auf Basis dieser Daten macht die KI dann Vorschläge – oder erledigt Aufgaben gleich selbst. Diese Vorstellung geht über den bisherigen Einsatz von Sprachassistenten hinaus. Statt einfache Sprachbefehle auszuführen, sollen sogenannte KI-Agenten Entscheidungen treffen, ohne dass der Nutzer aktiv eingreifen muss.
KI trifft Alltag: Entscheidungen übernehmen
„Aktuell muss man sich selbst überlegen, was man tun möchte. Dann entsperrt man sein Smartphone, öffnet mehrere Apps und führt verschiedene Schritte aus“, beschreibt Pei den heutigen Ablauf. „In Zukunft wird das Handy vorschlagen, was zu tun ist – und es dann automatisch umsetzen.“ Das Ziel sei, alltägliche Aufgaben vollständig zu automatisieren. Etwa durch Assistenten, die Termine buchen, Nachrichten senden oder Bestellungen tätigen – alles im Hintergrund.
Noch zehn Jahre bis zur Umsetzung
Diese Vision wird allerdings nicht sofort Wirklichkeit. Pei rechnet mit einer Umsetzungsdauer von etwa zehn Jahren, bis entsprechende Systeme marktreif und breit einsetzbar sind. Der Wandel hin zu KI-gesteuerten Smartphones werde schrittweise erfolgen.
Inspiration von Siri und Google Gemini
Ganz neu ist Peis Ansatz allerdings nicht. Große Technologiekonzerne wie Apple und Google arbeiten bereits an ähnlichen Konzepten. Google stellte kürzlich auf der Entwicklerkonferenz I/O (Mai 2024, Mountain View, Kalifornien, USA) Funktionen vor, bei denen KI-Agenten proaktiv handeln. Auch Apple entwickelt seinen Sprachassistenten Siri weiter, um ihn intelligenter und vorausschauender zu machen.
Ein ähnliches Konzept der Deutschen Telekom
Bereits im Jahr 2023 hat die Deutsche Telekom ein Konzept für ein Smartphone ohne Apps vorgestellt. Stattdessen sollte ein digitaler Assistent im Vordergrund stehen. Dieser solle – ähnlich wie ein Concierge – die Wünsche der Nutzer erkennen und selbstständig umsetzen. „Unsere Vision ist ein digitaler Begleiter für ein Smartphone ohne Apps“, erklärte Jon Abrahamson, Produktchef der Deutschen Telekom. Das Konzept wurde gemeinsam mit dem US-Chiphersteller Qualcomm (USA) und dem kalifornischen Unternehmen Brain.ai (USA) entwickelt. Seit der Präsentation wurde jedoch keine Weiterentwicklung öffentlich kommuniziert.